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Arktische Invasoren auf Spitzbergen

Geschrieben von Heiner Kubny am . Veröffentlicht in Forschung & Umwelt.

Die Einführung neuer Arten in bestehende, isolierte und recht artenarme Ökosysteme hat sich immer als problematisch oder sogar katastrophal erwiesen. In Spitzbergen ist das Thema aktuell nicht so dramatisch wie etwa in Südgeorgien. Dafür gibt es mehrere Gründe. Erstens sind Flora und Fauna artenreicher und bereits besser an pflanzenfressende Tiere beziehungsweise Raubtiere angepasst. Zweitens ist die natürliche Einwanderung durch Wind und Meeresströmungen in der Arktis aufgrund der geographischen Verhältnisse deutlich verbreiteter als auf den sehr isolierten Inseln der Antarktis, wo Wind und Wasser mehr zur Isolierung als zur Anbindung an wärmere Regionen beitragen.

Die Osteuropäische Feldmaus hat sich in den letzten Jahrzehnten an die Verhältnisse auf Spitzbergen gut angepasst.
Die Osteuropäische Feldmaus hat sich in den letzten Jahrzehnten an die Verhältnisse auf Spitzbergen gut angepasst.

Dennoch ist das Problem invasiver Arten auch in der Arktis nicht zu unterschätzen. In Spitzbergen mit seiner langen bergbaulichen und sonstigen Geschichte wurden z.B. mit Baumaterial und Tierfutter schon etliche Arten eingeschleppt. Als Problemfälle, welche die lokale Artenvielfalt tatsächlich unter Druck setzen könnten, gelten etwa der Wiesen-Kerbel, der in Barentsburg wächst und gedeiht, sowie die Osteuropäische Feldmaus, die sich in den Siedlungen verbreitet hat. Dass die Feldmaus sich in den seit Jahrzehnten aufgegebenen Siedlungen Colesbukta und Grumantbyen einschliesslich der Umgebung wohlfühlt, deutet darauf hin, dass es nur einer geringen Anpassung oder Klimaerwärmung bedarf, damit sie sich potenziell deutlich darüber hinaus ausbreitet.

Der Wiesenkerbel gedeiht in Spitzbergen hervorragen, gehört aber nicht in diese Region.
Der Wiesenkerbel gedeiht in Spitzbergen hervorragen, gehört aber nicht in diese Region.

Nun will die Verwaltung das Problem endlich angehen. Mit Blick auf das, was von der Problematik räuberischer Nagetiere auf subantarktischen Inseln vor Neuseeland oder in Südgeorgien zu lernen ist, hat man sich damit in Spitzbergen nicht gerade beeilt.

Auf drei Gebieten sieht man Handlungsbedarf: Vor allem ist die Ankunft neuer Arten in Spitzbergen möglichst zu verhindern. Als Vektoren (Transporteure) dienen etwa Fracht und Ballastwasser von Schiffen sowie Kleidung und Stiefel von Personen, denen oft Erdenreste mit Samen und Pflanzenmaterial anhaften. Untersuchungen haben gezeigt, dass ein erstaunlich hoher Anteil von Flugpassagieren, die in Longyearbyen ankommen, keimfähiges Pflanzenmaterial an den Stiefeln kleben hat. An dieser Stelle sind alle gefragt, vor einer Reise nach Spitzbergen Schuhe, Kleidung und Ausrüstung von organischem Material zu befreien. In der Antarktis wird dies bereits sehr konsequent praktiziert.

Vor Jahren wurde die Grubensiedlung Colesbukta geschlossen, geblieben sind die Feldmäuse.
Vor Jahren wurde die Grubensiedlung Colesbukta geschlossen, geblieben sind die Feldmäuse.

Darüber hinaus sollen bereits vorhandene invasive Arten möglichst wieder ausgerottet werden. Wo dies nicht möglich ist, sollen sie zurückgedrängt und in ihrer Ausbreitung kontrolliert werden. Um diesen Prozess in die Wege zu leiten, hat die Verwaltung nun einen Handlungsplan vorgelegt, in dem das Problem beschrieben und Handlungsbedarf aufgezeigt wird.

Rucksack saugen

Bildlegende: In der Antarktis schon seit Jahren Pflicht; das Säubern der Rucksäcke und Kleider von Pflanzensamen.

Quelle: www.spitzbergen.de