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Pinguine sind wegen reduziertem Geschmackssinn keine Gourmets

Geschrieben von Dr. Michael Wenger am . Veröffentlicht in Forschung & Umwelt.

Pinguine sind perfekt angepasste Wasservögel, die sich ihre Nahrung aus den reichen Gewässern der südlichen Hemisphäre fischen. Doch offensichtlich können sie ihre Nahrung nicht richtig schmecken. Eine neue Genanalyse, die vor kurzem in der Fachzeitschrift Current Biology erschienen ist, zeigt, dass diese Vogelgruppe mehr als nur ihre Flugfähigkeit verloren hat. Ihr fehlen wohl drei der fünf Geschmackssinne und sie schmecken nur salzig oder sauer.

Pinguine haben sich im Laufe der Evolution perfekt an die aquatische Umwelt angepasst und verbringen einen Grossteil ihres Lebens im Wasser.
Pinguine haben sich im Laufe der Evolution perfekt an die aquatische Umwelt angepasst und verbringen einen Grossteil ihres Lebens im Wasser.

Viele verschiedene Vogelarten wie Hühner oder Finken können süsses nicht von anderem unterscheiden. Doch zumindest besitzen sie Rezeptoren für bittere und umami (= fleischige) Geschmäcker. «Pinguine fressen Fisch und so sollte man annehmen, dass sie Gene für die Umami-Rezeptoren besitzen würden. Doch aus irgendeinem Grund tun sie das nicht». erklärt Jianzhi "George" Zhang von der Universität von Michigan. «Diese Ergebnisse sind überraschend und verwirrend und wir haben keine passende Erklärung dafür. Aber wir haben ein paar Ideen.»  

Pinguine fressen vor allem Krill, andere Krebstiere und/oder Fisch, je nach Pinguinart.
Pinguine fressen vor allem Krill, andere Krebstiere und/oder Fisch, je nach Pinguinart.

Zhang’s Kollegen in China brachten ihn auf seine Entdeckung nachdem sie einige der Geschmacksrezeptorgene in den neu sequenzierten genetischen Informationen von Adélie- und Kaiserpinguinen nicht gefunden hatten. Zhang schaute sich die Pinguin-DNS etwas näher an und fand heraus, dass bei allen Pinguinarten die funktionellen Gene für die Rezeptoren für Süss, Umami und Bitter fehlten. Die Forscher vermuten, dass die Gene, die für diese Rezeptoren zuständig sind, bei Pinguinen verlorengegangen sind. Doch nicht etwa, weil sie nicht benötigt worden waren, sondern eher aufgrund der sehr kalten Umweltbedingungen, in denen Pinguine sich entwickelt hatten. Denn anders als die Rezeptoren für Salzig und Sauer, sind diejenigen für Süss, Umami und Bitter temperaturabhängig in ihrer Funktionsweise. Sie funktionieren in kalten Bedingungen nicht und daher wären sie für die meisten Pinguine nutzlos, sogar wenn sie vorhanden wären.

Pinguine sind exzellente Jäger im Wasser und haben sich entsprechend angepasst. Dies gilt auch für ihre Zunge.
Pinguine sind exzellente Jäger im Wasser und haben sich entsprechend angepasst. Dies gilt auch für ihre Zunge.

Pinguinzungen sind auch in anderen Bereichen ungewöhnlich, wie die Forscher weiter schreiben. Anatomische Studien hatten vorgeschlagen, dass einigen Pinguinarten die Geschmacksknospen, der Sitz der Geschmacksrezeptoren, komplett fehlen. Ihre Zungen seien dafür mit steifen, scharfen Papillen, die von einer dicken, hornigen Schicht bedeckt sind, versehen. Es scheint, dass die Zungen von Pinguinen nicht für zum Schmecken von Nahrung benutzt werden, sondern für den Fang und das Festhalten von Beute. Ausserdem schlucken Pinguine ihre Nahrung meistens als Ganzes, wodurch es keine Rolle spielt, wie die Nahrung tatsächlich schmeckt. «Ihr Verhalten, die Nahrung im Ganzen zu schlucken, zusammen mit der Zungenstruktur und Funktion weisen darauf hin, dass Pinguine keinen Geschmackssinn benötigen. Doch es ist unklar, ob diese Merkmale der Grund oder die Konsequenz des massiven Geschmacksverlustes sind,» erklärt Zhang zum Schluss.

Quelle: Cell Press